Dharmapala Thangka CentreSchool of Thangka Painting


Restaurierung / Konservierung alter Thangkas

Textilschäden eines ca. 200 Jahre alten Hevajra Thangkas

Hevajra

Hevajra ist relativ leicht zu erkennen, da er sechzehn Arme besitzt und in jeder Hand eine Schädelschale [Kapala] hält.

Hevajra ist die wichtigste archetypische Gottheit der Sakya-Schule. Das Hevajra Tantra gilt als grundlegendes Mutter-Tantra, das insbesondere dazu geeignet ist, die Bedingungen für die Flammen der inneren Hitze [tib.: tummo] zu erzeugen, die für die Yogis des Himalaya - wie Milarepa - so wichtig ist.

Buddha Hevajra erinnert an den Shiva Nataraja der hinduistischen Ikonographie, doch geht es in der buddhistischen Lehre im Gegensatz dazu nicht um die Zerstörung des lebendigen Universums - nur die Welt der egoistischen Leidenschaften soll in den lodernden Flammen verzehrt werden.

Zustand des Rollbildes vor der Restaurierung

Hevajra

Regenfälle waren früher im Himalaya bedingt durch ein extrem trockenes Klima äußerst selten. Bedingt durch den Klimawechsel in den letzten Jahren kommt es leider immer wieder vor, dass heftige Regenfälle die Stampflehmdecken der alten tibetischen Klöster aufweichen und durchdringen und Schäden im Inneren verursachen. Auch dieser Thangka war davon betroffen.

Zwar waren mehr als 90 % der Oberfläche nach wie vor in einem sehr guten Zustand, aber ein Wasserschaden beschädigte eine ca. 10 cm breite vertikale Achse in der Mitte des Bildes vor allem im oberen Bereich. Hier gab es diverse kleine und größere Fehlstellen. Die verwendeten alten Mineralfarben sind nicht wasserbeständig, so dass die Feuchtigkeit neben den Fehlstellen auch Farbverluste verursachte.

Durchgeführte Maßnahmen

In diesem Fall des Hevajra Thangkas beschränken sich die dargelegten Maßnahmen zunächst auf den textilen Teil des Rollbildes, die Restaurierung des Bildteils [Retusche] erfolgt anschließend durch einen nepalesischen Thangkamaler. Üblicherweise erfolgt die Restaurierung des Gemäldes durch eine diplomierte Gemälderestauratorin.

Zunächst wurde ein extra passend eingefärbtes Gewebe partiell im Bereich der größeren Fehlstellen auf die Rückseite des Bildteils aufgebracht und anschließend die gesamte Fläche mit einer Seidencrepeline doubliert. Das Gewebe hinter den Fehlstellen bildet die Basis für Grundierung und Retuschen des Thangkaspezialisten. Alte Verklebungen und Übermalungen in diesem Bereich wurden belassen.

Rückseite mit Fehlstellen und alten Verklebungen

Hevajra

Hier sieht man deutlich, die durch Gebrauch und Feuchtigkeit entstandenen Schäden auf der Rückseite des Bildteils, nämlich Wasserränder und Faserausbrüche, die die Lesbarkeit des Bildes auf der Vorderseite beeinträchtigen.

Das Foto links zeigt einen besonders betroffenen Bereich im zentralen Teil des Bildes. Die Leinwand wurde hier stark beschädigt.

Stützgewebe als Basis für Grundierung und Retuschen

Hevajra

Das auf der Rückseite aufgebrachte braune Baumwollgewebe gleicht in Bindung und Struktur dem Bildträger. Trotz kleiner, nicht retuschierter Fehlstellen wird das Bild vom Betrachter so als homogene Einheit wahrgenommen.

Auf das auf der Rückseite angebrachte Stützgewebe kann nicht direkt gemalt werdern. Der Thangka Maler wird später auf dieses Gewebe zunächst minuziös Grundierung auftragen. Erst dann kann er auf die fehlenden Stellen seine Retuschen platzieren.

Doublierung der gesamten Bildträgerrückseite

Hevajra

Anschließend wird die gesamte Rückseite des Bildträgers mit einer acrylharzbeschichteten eingefärbten Seidencrepeline doubliert, um auch die feinen Risse und Brüche zu stabilisieren. Um das Bild optimal zu stützen und vor weiterem Verfall zu bewahren, hätte diese Maßnahme bereits ausgereicht.

Da in diesem Fall aber das Ziel der Restaurierung eine Malschichtergänzung war und die Crepeline einer Grundierung vermutlich langfristig nicht Stand gehalten hätte, da sie aufgrund ihrer Feinheit zu weich und nachgiebig ist, wurde zuvor die stabilere Baumwolle aufgebracht.

Risse und Fehlstellen im Schleier

Hevajra

Auch die textile Rahmung und der Schleier wiesen alte Reparaturen mit verklebten Gazestoffen auf. Im Schleier wurden diese zum größten Teil gelöst, da sie sich als zu starr erwiesen und die feine Seide in den Grenzbereichen zu der Verklebung bereits weiter aufbrach.

Partielle Doublierungen mit Crepeline

Hevajra

Die Fehlstellen im Schleiergewebe wurden mit eingefärbter Seidencrepeline partiell doubliert. Die Art der Konsolidierung durch mit Acrylharzen beschichteter Crepeline ist eine rein konservative Maßnahme und schützt das Original vor weiterem Aufreißen der Fehlstellen.

Der Riss an sich ist weiterhin erkennbar und es erfolgt keine Angleichung durch Unterlegen, denn der abgebaute Zustand der feinen Schleierseide würde nähtechnische Sicherungen nicht mehr zulassen.

Alte verklebte Fehlstellen mit neuen Schäden

Hevajra

In der Seide des dunkelblauen Rahmens befanden sich ebenfalls alte verhärtete Klebestellen. Auch hier hat die fehlende Flexibilität der alten Reparaturen dazu geführt, dass weitere Schäden am Original entstanden sind. Die Grenzbereiche zwischen Verhärtung und intaktem Original unterliegen starker Zugspannung, die die Seide weiter reißen lässt.

Die gröbsten Verklebungen wurden, soweit möglich, entfernt und die Fehlstellen mit extra passend eingefärbter Seide unterlegt und gesichert. Wünschenswert wäre gewesen, präventiv alle alten Verklebungen aus dem Gewebe zu entfernen.

Es zeigte sich aber während der Arbeit, dass die Seide bereits so stark abgebaut war, dass ein Herauslösen der Reparaturgewebe und Klebstoffe zu weiterem Materialverlust geführt hätte. Daher muss für jedes Objekt individuell geprüft werden, wieviel Stütze und Festigkeit nötig ist, ohne dass langfristig Folgeschäden entstehen. Aus diesem Grund ist eine Nährestaurierung dem Kleben oftmals vorzuziehen, da Nähen mehr Flexibilität garantiert, allerdings bestimmt der Zustand des Gewebes die einzusetzende Restaurierungsmethode.

Die hier aufgezeigte Maßnahme stellt daher einen Kompromiss in Richtung Verbesserung der Flexibilität für Fasern und Gewebe dar.

Mit Spannstichen gesicherte Fehlstellen

Hevajra

Um die freiliegenden Gewebefäden zu sichern wurde hier von oben durch die Fehlstelle, bzw. durch eine offene Naht im rückwärtigen Bereich, Unterlegseide eingeschoben und mit haarfeiner Grègeseide mit sog. Spannstichen überfangen.

Diese senkrechten Stiche, im Abstand von ca. 5 mm, fügen sich sehr gut in die leicht streifige Struktur des dunkelblauen Grundes ein und fallen so kaum auf.

Gebrochenes Gewebe am Gewichtsschlauch

Hevajra

Eine relativ selten anzutreffende Besonderheit dieses alten Thangkas sind zwei mit feinem Sand gefüllte sog. 'Gewichtsschläuche', die ein Aufwehen des Thangkas im Wind verhindern sollen, wenn er einmal anläßlich eines Klosterfestes im Außenbereich präsentiert wurde. Einer der beiden Schläuche war beschädigt und der Sand ausgelaufen.

Der Schlauch wurde mit feinen Geweben von innen gestützt und neu gefüllt.

Das feine Gewebe war im unteren Bereich deutlich lichtgeschädigt und daher brüchig geworden. Hinzu kommt die Zuglast durch das Sandgewicht und die mikroskopisch feine Reibung unter wechselndem Klima. Da diese äußeren Faktoren zum größten Teil weiterhin bestehen werden, sollte hier eine stabile Stützung mit einer Kombination von Kleben und Nähen erfolgen.

Gewebe gesichert und Schlauch neu befüllt

Hevajra

Die Seitennaht des Schlauches wurde einige Zentimeter aufgetrennt, um zunächst doublieren zu können.

Anschließend wurde eine rote Seide eingenäht, die als Unterlegmaterial diente.

Von außen wurden feine Spannstiche über die Fehlstellen genäht. Der Schlauch wurde mit neuem Quarzsand befüllt und die Seitennaht von Hand geschlossen.

Hevajra Thangka nach der textilen Restaurierung [Detail]

Hevajra

Hevajra Thangka nach der textilen Restaurierung

Hevajra

Auf dem Bild links sind die textilen Schäden behoben, die fehlenden oder beschädigten Farben aber noch nicht. Man kann das gut an den hellbraunen Stellen entlang der Mittelachse erkennen.

Als nächster Prozess folgte die Restaurierung der Farbschäden. Die zeitaufwändigste Arbeit dieses Arbeitsschritts ist dabei nicht die Retusche des beschädigten Farbgrundes.

Ein Vielfaches der Zeit wird für die Herstellung möglichst originaler Farben benötigt. Ziel ist eine originalgetreue Wiederherstellung des ursprünglichen Bildes bei der die retuschierten Bereiche nicht mehr von den originalen unbeschädigten zu unterscheiden sind.

 


Restaurierung der Farbsschäden ...