Liebe Freunde,
laut der Nepalesischen Medien hätte der tragische Tod der vielen Trekking-Touristen im Annapurna Gebiet im letzten Oktober vermieden werden können, wenn sie und ihre einheimischen Bergführer über die vorausgesagten, außergewöhnlich schlechten Wetterverhältnisse informiert worden wären. Aber "Was funktioniert denn in unserem Land schon richtig?" schrieben manche Journalisten, die die Situation des Himalaja Staates als katastrophal einschätzen.
Nicht nur durch den Tourismus kommt Geld ins Land. Fast jede Familie hat ein Mitglied, das in den Emiraten arbeitet und manche schaffen es sogar bis auf die Kaiman Inseln, wo es die reichsten Menschen des Planeten im berühmten Steuerparadies anscheinend nicht stört, die billigsten Arbeitskräfte der Welt auszubeuten. Dafür wächst in Nepal eine Schar von neuen Konsumenten. Die Millionen Euro, die aus Europa kommen, mit dem Ziel das Gesundheits- und Bildungssystem zu verbessern, scheinen eher in den Bau von Straßen und Brücken zu fließen, denn Kathmandu ist eine einzige Baustelle geworden.
Auch in neue Luxus-hotels werden Unmengen von Geld investiert, obwohl die zehn schon existierenden 5 Sterne Herbergen in der Hochsaison nur die Hälfte ihrer Zimmerkapazität füllen können. Man könnte sich über eine bestimmte Entwicklung des Landes freuen, z.B. darüber, dass sich diese Mittelklasse jetzt richtig ernähren kann, abe-die Lebensmittel sind so sehr mit Chemikalien und Hormonen vergiftet, dass viele letztendlich ihr Geld in einem der unzähligen kleinen, neuen - und trotzdem schmutzigen - Krankenhäusern verschwenden müssen. Auch Ärzte wollen nämlich einen Teil des Kuchens für sich haben.
Diese "Neureichen" ignorieren völlig das Elend der Ärmsten, die sich weder Lebensmittel noch medizinische Hilfe leisten können, und im Vergleich erscheint dem Beobachter die Not der Bedürftigen dann noch schlimmer als je zuvor.
Die 43 Slumgebiete Kathmandus haben sich zusammengetan, um die Pläne der Regierung anzufechten, die auf längere Sicht alles Slums der Stadt ausradieren will. In den Slums von Thapsatali und Banshigat setzen wir unsere Arbeit fort, während die Maute ihr Lager augelöst haben, um im wärmeren Süden zu überwintern. Zurzeit setzen wir unsere Priorität auf das Einführen von besseren Hygienebedingungen. Im Slum von Thapathali stehen den 1500 Bewohnern 7 ensetzlich schmutzige Latrinen am Ufer des Bagmati Flusses zur Verfügung Wir wollen diese winzigen verfallenen Hütten durch hygienische Toiletten ersetzen. Da in diesem Slum nichts Feszes gebaut werden darf, hatten wir geplant, die Toilettenwände aus Plastik und Bambusstäben zu bauen. Um ein Minimum an Hygiene zu bewahren, hätten wir aber Sockel zementieren müssen, und die Genehmigungwurde uns von der Regierung verweigert.
Am Eingang des Slums steht nun ein gut gebautes Häuschen, in dem Polizisten im Schichtdienst Wache halten, falls die Slumbewohner auf die Idee kämen, zu rebellieren. Wir gehen mit ihnen freundschaftlich um, und wenn wir eine Reinigungsaktion des Geländes organisieren, machen sie ganz spontan mit. Wir wollten uns auf keinen Fall von dieser offiziellen Absage geschlagen geben: Deshalb haben wir im hohen Gras gesucht und eine früher zementierte Stelle in der Nähe eines Brunnens gefunden, wo wir Duschkabinen mit Hilfe von Plastik und Bambus installiert haben. Jetzt können sich die Menschen endlich richtig waschen. Die Kinder bis 15 bekommen nach wie vor unseren nahrungsreichen Milchbrei, und wir lassen dreimal wöchentlich Tausende Liter Trinkwasser in die großen Container liefern, die wir dafür im Slum aufgestellt haben. Wie in Banshigat haben wir auch in Thapathali einen Gesundheitsposten gegründet, gezwungenermaßen unter einem Plastikzelt.
MUNA untersucht die Kinder regelmäßig und tut ihr Bestes, um Krankheiten vorzubeugen. Zahnbürsten und Zahnpasta werden regelmäßig verteilt, und auch dieses Jahr haben wir warme Winterjacken besorgt, in der Hoffnung die Kinder vor der bitteren Kälte des Winters unter Plastikplanen etwas zu schützen.
Auch in Banshigat bekommen die bedürftigen Kinder Essen und Hilfe. SUSHMA alphabetisert 30 Maute Kinder und bringt ihnen bei, wie man sich waschen und "benehmen" soll. Diese Kinder, deren Eltern sesshaft werden wollen, sind nämlich unglaublich lustig, frech und wild! Dreimal die Woche werden sie geduscht, und wir haben dieses Mal Unterhosen für sie gekauft. Ein solches Kleidungsstück hatten sie noch nie zuvor in ihrem Leben getragen, weil dafür die Eltern kein Geld haben und Unterwäsche für überflüssig halten. 15 Maute Kinder sind im letzten April offiziell eingeschult worden und kommen jeden Tag auf dem Weg zum Unterricht zur "Sauberkeitskontrolle" im Kindergarten vorbei.
Da die Elektrizität in Nepal ständig für viele Stunden unangemeldet abgeschaltet wird, haben wir auf dem Dach des Kindergartens eine kleine Solaranlage installiert, und die Kinder können jetzt den ganzen Tag lernen. Vorher musste Sushma den Lehrplan an die Stromstunden anpassen. Trotz unserer Hilfe bleibt das Lesen in den Slums sehr schwer. Viele Männer verbringen am Liebsten ihre Zeit mit Kartenspielen und Schnaps trinken. Es sind oft die Frauen, die auf Baustellen Schwerstarbeit leisten müssen, um ihrer Familie abends etwas Reis zu bieten, und dies, obwohl sie bei dieser Tätigkeit nur die Hälfte des Lohnes bekommen, den Männer sonst dafür verdienen würden. Viele Mädchen werden schon mit 13 verheiratet, Familien dann einen Mund weniger zu füttern haben. Wie die Tradition es verlangt, leben sie dann bei ihren Schwiegereltern und werden als Arbeitskraft ausgebeutet, obwohl sie in diesem Alter eigentlich die Schule besuchen müssten. Es gibt in Nepal schon Gesetze, die vor Frauen- und Kastendiskriminierung schützen sollten, aber sie werden einfach ignoriert.
Es ist noch ein langer Weg, bis all diese Menschen ein würdiges Leben führen können. Es sind unzählige kleine ausländische Organisationen wie unsere, die die wirksamste Arbeit für sie leisten. Große Organisationen, wie z.B. UNICEF, erfüllen bestimmt ihre Aufgabe, aber auch wenn sie über teure Autos und gut bezahltes Personal verfügen, gehen sie bestimmt nicht an die Wurzeln des Übels, wie kleine engagierte Organisationen es tun: Wir arbeiten und leben fast immer mit den betroffenen Menschen zusammen, damit sie lernen, Verantwortung für sich zu übernehmen und überhaupt verstehen, warum die vielen Veränderungen, zu denen wir sie ermuntern, dringend nötig sind. Immer wieder verfallen sie in ihre alten Gewohnheiten, und immer wieder müssen wir die Kraft aufbringen, sie davon zu überzeugen, dass nur durch ihre Mitarbeit ein besseres Leben für ihre Kinder möglich sein wird.
Noch einmal Danke an Sie alle für Ihre unentbehrliche finanzielle Unterstützung bei diesem Einsatz. Wir wünschen Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und ein gutes, gesundes Neues Jahr
2015!
Ganz herzliche Grüße
Elisabeth Montet