Kinderhilfe Nepal e.V.


Rundbrief September, 2021

Liebe Freunde,

endlich konnte der inkompetente Premierminister Oli seines Amtes enthoben werden, und der Führer der nepalesischen Kongresspartei, SHER BAHADUR DEUBA, wurde zum fünften Mal seit 1995 wieder zum Staatsoberhaupt des Landes. Bei ihm wissen die Nepalesen mindestens, wer sie regiert. Ob es ihm gelingen wird, die Lebensbedingungen der Armen seines Landes zu verbessern, muss er allerdings noch beweisen. Daran zweifelt das nepalesische Volk, denn es denkt, dass alle Politiker ohnehin korrupt sind. Ungeachtet dessen hat Deuba nicht nur mit der Inlandspolitik Erfahrung, sondern er hat auch von seinen früheren Ämtern die notwendigen Beziehungen im Ausland, um finanziell soviel wie möglich für Nepal herauszuholen. Nachdem die USA das nahe gelegene Afghanistan verlassen haben, ist der Flughafen von Kathmandu im Falle eines Konflikts in der Region für die Amerikaner von großer Wichtigkeit geworden.

Nepal ist zwischen den bei¬den Großmächten China im Norden und Indien im Süden eingeklemmt, und es wird für den Premierminister nicht einfach sein, eine ausgeglichene Beziehung zu seinen beiden Nachbarn aufzubauen. Es ist nämlich immer so gewesen, dass, sobald Nepal eine der beiden Großmächte vorzieht, die andere anfängt, Ärger zu machen. Gleich nach der Ernennung des neuen Staatsführers schmeichelten sich beide Großnachbarn bei dem kleinen Land ein und spendierten eine Ladung ihrer schwachen Impfstoffe. Die USA lieferten vor kurzem 1,5 Millionen Johnson & Johnson Dosen, aber das Impfpersonal wurde von oben unter Druck ge¬setzt, damit zuerst Wohlhabende und Politiker geimpft werden. Nur 6% der etwa 30 Millionen Nepalesen sind zurzeit geimpft. Hunderte von Menschen stehen tagelang Schlange und ver¬suchen sich impfen zu lassen, um sich in Qatar für das Bauen von Luxushotels anlässlich der Fußballweltmeisterschaft von 2022 anheuern zu lassen. Wenn sie abends an der Reihe sind, wird ihnen gesagt, dass der Impfstoff ausgegangen ist.

Die wachsende Armut und die sich ständig erhöhenden Preise werden für die Nepalesen immer unerträglicher. Davon sind die hunderttausende durch den Lockdown arbeitslos gewordenen Tagelöhner Kathmandus besonders betroffen, und unter ihnen auch die Bewohner der Slums. Aus diesem Grund hat die Regierung beschlossen, die Siedlung von Thapathali nicht mehr zu zerstören, wie es noch vor zwei Jahren geplant war. Es ist für die 1400 Einwohner dieser Ge¬meinschaft eine Erleichterung zu wissen, dass ihnen mindestens ihre Behausung, auch wenn sie nur aus Plastik besteht, nicht mehr weggenommen werden kann. Das Ernähren ihrer Familie bleibt ihr größtes Problem, und dafür bekommen sie vom Staat keine Unterstützung. Der Essensmangel bringt sogar manche alleinstehende junge Mutter dazu, ihren Körper zu verkau-kaufen, um für ihre Kinder sorgen zu können... Die koreanische christliche Sekte, die mitten im Slum wohnt, kocht einmal in der Woche für diese Menschen, damit sie nicht wieder zu ihrer alten Religion zurückkehren. Unseren mit Mineralien und Vitaminen angereicherten Milchbrei, der noch nie zuvor so wichtig gewesen ist, bekommen die Kinder täglich und bleiben gesund. Bei etwa dreißig erkrankten Menschen Thapathalis wurde der Covid festgestellt, und sie mussten ins Krankenhaus gehen. Drei von ihnen starben. Chronisch Kranke mit Herzleiden, Krebs oder Diabetes bleiben aus Mangel an Geld ohne Behandlung. Obwohl der Lockdown etwas gelockert wurde, bleiben alle Schulen des Landes seit anderthalb Jahren geschlossen.

Teure Privatschulen bieten den Kindern reicher Eltern Online-Unterricht, aber die meisten Kinder Nepals, die die Staatsschule besuchen, haben keinen Computer, und diese Kinder, deren Bildungsniveau schon sehr niedrig war, haben jetzt für die Zukunft keine Chance mehr, ihre Lernlücken zu füllen. Wir beliefern den Thapathali Slum weiterhin regelmäßig mit Trinkwasser.

Der bisher kleinere Slum von Banshigat. in dem wir am längsten arbeiten, ist durch die Pandemie verursachte Arbeitslosigkeit so überfüllt, dass er heute 2000 Menschen beherbergt. Hier sind Häuser und Hütten vom Staat registriert, und die „Hausbesitzer" haben ihre Bleiben in mehreren winzigen Räumen geteilt, um sie an Bedürftige für teures Geld zu vermieten. Die Armen stört es überhaupt nicht, die Ärmeren auszubeuten: In jedem Zimmer leben bis 7 oder 8 Menschen zusammen. Natürlich gibt es kein fließendes Wasser, es wird auch im Zimmer gekocht, und das Plumpsklo teilen sich die Mieter mit mehreren anderen Familien. Die Siedlung ist zurzeit nicht nur vom Covid betroffen, eine Art Grippe befällt Erwachsene und Kinder. Niemand weiß zuerst genau, ob es das Delta Virus ist, denn die Symptome sind ähnlich, und den Kranken fehlt das Geld, um sich den teuren PCR Test zu leisten. Auch hier ist unser nahrhafter Brei höchst wichtig, weil die arbeitslosen Eltern ihren Kindern keine ausgeglichenen Mahlzeiten bieten können. Auch wenn es aus sanitären Gründen verboten ist, kommen die kleinen Kinder täglich zum Kindergarten. Sie bekommen ihren Brei und werden 4 Stunden lang von Neer unterrichtet, weil ihre Lernfähigkeit nach diesen 18 Monaten ohne Schule drastisch nachgelassen hat und sie das Gelernte schon vergessen haben.

Unseren nicht sesshaften Maute Leute aus Süd Nepal geht es schlechter als je zuvor. Ihre dunkle Haut können sie nicht bleichen, und sie werden von den meisten Nepalesen als Diebe betrachtet. Da sie im letzten Januar von ihrem Lager verjagt wurden, mussten sie billige Blechhütten für viel Geld mieten und waren am Ende des Monats natürlich nicht in der Lage, die Miete zu zahlen. Ihnen blieb nichts anderes übrig als ihr Plastikzeltlager am Ufer des übelriechenden Bagmatiflusses, der alle Fäkalien der Hauptstadt transportiert, wiederaufzurichten. Die Männer versuchen, sich als Schwerarbeiter zu verdingen, aber auch da werden sie abgelehnt. Sie haben angefangen, in Dörfern außerhalb Kathmandus zu gehen, um den Bauern ihre selbstgemachten „Heilmittel" zu verkaufen. Sie verdienen dadurch zwar nicht viel, weil die Bauern auch arm sind, aber sie werden in Form von Gemüse, Eiern und manchmal Küken entschädigt.

Währenddessen gehen die Frauen zu verschiedenen Tempeln mit ihren Babys und betteln. Unterwegs halten sie vor jedem Haus in den wohlhabenden Vierteln und bitten um gebrauchte Kleidungsstücke. Die Kleider, die wir für die Kinder kaufen, sind nach drei Monaten unbrauchbar, weil sie den Schmutz und die häufige Handwäsche nicht vertragen. Aus den Fetzen flechten die Frauen Decken und kleine bunte Teppiche, die sie dann zu verkaufen versuchen. Vielleicht werden Sie auch merken, wie viel sauberer unsere Maute Leute auf den neuen Photos aussehen: Die Frauen sagten Muna, dass die Deutschen, die sie durch Spenden am Leben erhalten, stolz auf sie sein sollten, und sie deshalb gut und sauber auf den Bildern aussehen wollten. Sie seien arm, meinten sie, aber sie würden sich sehr schämen, wenn ihre Wohltäter sie in ihren schmutzigen Lumpen sehen würden.

Auch hier unterrichten Muna und Sushma trotz Lockdown halbtags unter unserer Zeltschule. Die Maute Kinder sind ernsthafte Schüler geworden. Sie haben großen Spaß am Lernen und können jetzt sogar einfache Kinderbücher lesen. Sie bekommen Hausaufgaben, die sie bis zum folgenden Tag fleißig erledigen Es macht Muna und Sushma besonders viel Freude, sie zu unterrichten, denn sie hoffen, dass diese benachteiligten Kinder nach der Covid Krise das Niveau der anderen nepalesischen Schüler erreichen werden.

Auch den Müttern gibt es Mut, diese schweren Zeiten zu ertragen: Sie hoffen, dass ihre Kinder es später besser haben werden als sie. Durch den täglichen Brei und die Lebensmittel, die die Maute Leute von uns bekommen, sind die Kinder gesund, und niemand in der Gemeinschaft ist am Covid erkrankt, aber diese Menschen, die früher immer fröhlich waren, sind heute von Sorgen geplagt, weil sie für ihre Ernährung von uns abhängen. Nur die Grundlebensmittel, die von der Sippe gebraucht werden [Reis, Soja, Bohnen, Linsen, usw...] kosten uns 1000 € jeden Monat, ohne den teuren Milchbrei und alles andere, was wir sonst für die Kinder kaufen, mitzurechnen.

Das Virus und seine Variante haben unser Leben in den entwickelten Ländern schwer betroffen, aber arme Länder wie Nepal haben schon viel mehr verloren: Durch die Arbeitslosigkeit rutschen deren Bürger immer mehr in Leid und Armut zurück.

Danke an Sie alle, die uns unterstützen. Wir melden uns wieder im Dezember mit den Spendenquittungen für 2021.

Herzicge Grüße
Elisabeth Montet