Kinderhilfe Nepal e.V.


Rundbrief Dezember, 2011

Liebe Freunde,

die gerade in Nepal herrschende Monsunzeit hat für wohlhabende Leute ihre Vorteile: Es gib fast immer Strom und natürlich Wasser, das sie filtern und desinfizieren können. Für die Armen bringt die Regenzeit noch mehr Elend: Überschwemmungen, Erdrutsche, und eine enorme Zahl an Menschen erkranken an Typhus, Hepatitis und Cholera, weil Fäkalien und Gifte, die von den Flüssen befördert werden, sich mit dem Grundwasser vermischen.

In diesem Punkt hatten wir dieses Jahr einen Riesenerfolg zu verzeichnen: Weil wir seit Mär, jeden Monat ein Wasserdesinfektionsmittel an die Familien in den Slums verteilen, wurde kein einziges Kind in diesem Sommer krank. In den Jahren davor wurden viele von ihnen von einem bösen Fieber befallen, das nur schwer durch Antibiotika zu bekämpfen war. Dank der Ernsthaftigkeit der Mütter, die auf unsere Anweisungen hin ihren Kindern verboten, schmutziges

Wasser zu trinken, blieben die Familien gesund. Dieses Mal ließen wir die Kinder von zwei Zahnärzten, und viele von ihnen werden nun nach und nach in deren Praxis behandelt. Ganz besonders die älteren Kinder, die unseren an Mineralien und Vitaminen reichen Milchbrei in ihrer frühen Kindheit nicht bekamen, hatten schlechte Zähne. In einem Land, in dem jedes zweite Kind an Unterernährung leidet, ist die Verteilung dieses Breis das Allerwichtigste in der Arbeit unseres Projektes.

Wir bessern nach und nach die Gassen des Slums von Banshigat aus, indem wir die Wege zementieren oder mit Ziegelsteinen belegen, damit es im Winter weniger Staub und im Sommer weniger Schlamm gibt. Das führt dazu, dass viele Einwohner der Siedlung ein besseres Haus bauen wollen. Das Geld dazu haben sie zwar nicht, aber Geld von Familienmitgliedern oder von Bekannten zu leihen, hat in Nepal eine lange Tradition, auch wenn die Geldgeber sehr wohl wissen, dass sie das Geld zum großen Teil nie wieder sehen werden. Geld zu verleihen heißt für Nepalesen, Macht über ihre Familie und ihre Umgebung zu gewinnen. Der Verleiher wird dann automatisch "Clanchef` und genießt seine Autorität wie ein Fürst.

Da wir alle Kinder medizinisch betreuen, haben wir Sanjay Pariyars krumme Beine operieren lassen. Wir befinden uns aber oft in sehr schwierigen Situationen: Zum Beispiel leidet Mahamod Aktar, 20 Jahre alt, an Nierenversagen. Er geht einmal in der Woche zur Dialyse, nachdem seine Mutter die dafür notwendigen 50 € auf der Straße zusammengebettelt hat. Er hat einen Spender gefunden, der ihm für 7000 Euro eine Niere verkaufen würde; die Transplantation selbst würde 4000 Euro kosten. Er ist aber über 18 Jahre alt, und unser Verein ist laut Satzung eine reine Kinderhilfsorganisation. Was also tun? Die Summe von 11.000 Euro ist eine große Summe, die wir auch gut ausgeben könnten, um mehr Not leidenden nepalesischen Kindern zu helfen. Es schmerzt uns aber zu sehr, diesen Jungen einfach sterben zu lassen, und es wäre eine große Unterstützung für uns, wenn Sie uns mitteilen würden, was Sie über diese Situation denken.

Nepal bietet seinen etwa 28 Millionen Einwohnern keine Sozial- oder Gesundheitsversicherung: Wer ernsthaft krank wird, stirbt. Ein Dialysepatient müsste eigentlich zwei bis drei Blutwäschen pro Woche bekommen, aber diese Summe von 150 Euro gleicht dem monatlichen Lohn eines älteren, erfahrenen Lehrers, eine Summe, die Nepalesen unmöglich aufbringen können. Die Lebenskosten in Nepal sind außerdem so stark gestiegen, dass viele Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs fast etwa so teuer sind wie in Deutschland. Das ist der Grund, warum zahlreiche Menschen im Slum nur von Reis und Wasser leben. Vor 20 Jahren hätte die Summe von 3.500 Euro, die wir jetzt jeden Monat für unser Projekt ausgeben, für sechs- bis achtmal mehr Menschen gereicht. Trotzdem betreuen wir insgesamt noch ca. 350 Kinder!

Zu spät erkennen die Menschen in den Slums, dass sie sich von den trügerischen Reizen der Hauptstadt nicht hätten verführen lassen sollen. So viele haben ihr Bergdorf im Himalaja verlassen. Für ein paar Scheine haben sie alle ihr kleines Stück Land verkauft, von dem sie sich ausreichend und gesund ernähren konnten, und führen nun in den Slums von Kathmandu ein elendes Leben.

Das Klassenzimmer des Slums von Banshigat wird "rund um die Uhr" genutzt: Tagsüber werden die Kinder unterrichtet, die im nächsten Jahr eingeschult werden. Von 19:00 bis 21.00 Uhr kommt Lehrer Sandip Khanal und betreut die älteren Kinder in zwei Schichten bei ihren Schulaufgaben. Von 19 bis 21 Uhr sind es die Frauen, die alphabetisiert werden und das Rechnen lernen. Sie sind wissbegierig und wollen verstehen, was ihre Kinder in der Schule_ lernen, um ihnen bei den Hausaufgaben behilflich zu sein, obwohl es bis jetzt eher die Kinder sind, die ihren Müttern dabei helfen!

Wir kommen in unseren Slums nur mühselig voran. Aber wenn Ergebnisse und kleine Erfolge sich zeigen, dann empfinden wir immer wieder Freude. Und an dieser Freude möchten wir Sie teilhaben lassen, denn nur durch Sie ist diese positive Entwicklung möglich geworden.

Herzlichen Dank an Sie alle und ganz herzliche Grüße

Elisabeth Montet