Kinderhilfe Nepal e.V.


Rundbrief August, 2016

Liebe Freunde,

das tödliche Attentat, das im letzten Juni zwölf nepalesischen Sicherheitsangestellten der Kanadischen Botschaft in Kabul das Leben kostete, machte in Kathmandu wieder Schlagzeilen über die unwürdigen Arbeitsbedingungen der Hunderttausenden von Nepalesen, die sich in Malaysia, den Golfstaaten und in den Kriegsgebieten verdingen. Unsere westlichen Botschaften und die UN-Vertretungen zögern nicht, billige nepalesische Arbeitskräfte für hoch gefährliche Arbeiten zu beschäftigen, um Geld zu sparen und das Leben der eigenen Mitbürger nicht zu riskieren. Diese zwölf Sicherheitskräfte wurden ohne Schutznach der Arbeit in ihre Unterkunft gefahren, als ihr Bus explodierte. Solche schrecklichen Ereignisse hindern die vielen dubiosen nepalesischen Vermittlungsagenturen weiterhin nicht daran, Massen von Menschen für Riesen-summen ins Ausland zu schleusen.

Der Staat schließt die Augen davor, weil das Land zum großen Teil nur durch die Devisen überlebt, die diese Arbeiter nach Hause schicken. Üblich ist es, dass dem Arbeiter bei der Ankunft im Zielland der Pass weggenommen wird, so dass er, falls er nicht zufrieden ist, nicht vor Ende des Vertrages nach Hause fliegen kann und die harten Arbeitsbedingungen hinnehmen muss. Meistens wird nur die Hälfte des versprochenen Lohnes bezahlt, und dies nicht einmal regelmäßig. Immer mehr Frauen geraten in diese Falle und befinden sich in arabischen Haushalten als Dienerinnen.

Eine junge Frau aus dem ehemaligen "Children´s World", arbeitet zurzeit in Saudi Arabien als Mädchen für alles. Sie wird wie eine Gefangene behandelt und dazu gezwungen, die Burka zu tragen. Facebook ist ihre einzige Verbindung zur Welt, und sie bereut zutiefst, damals kurz vor dem Abitur mit einem Taxifahrer vom Kinderhaus durchgebrannt zu sein. Jetzt hat sie ein Kind und dachte, dass sie im "goldenen Ausland" Geld verdienen könnte, um ihrer Tochter eine Schulausbildung zu ermöglichen. Ihr Lohn reicht noch gerade dafür, aber sie muss dagegen ein würdeloses Leben führen.

Die politische Situation Nepals bleibt chaotisch. Erst anderthalb Jahre nach dem Erdbeben hat die Regierung jetzt angefangen, die ausländischen Spendengelder für den Wiederaufbau des Landes weiterzuleiten. Diese Verspätung liegt an der Korruption der verschiedenen politischen Parteien, die sich finanzielle Vorteile von der Verteilung des Geldes zu sichern versuchen. Nach einem harten Winter und in ihrer zweiten Monsunzeit warten die Erdbebenopfer immer noch auf Hilfe. Überschwemmungen und Erdlawinen reißen ihnen die Wellblech- und Plastikhütten weg. Obwohl die nepalesische Regierung sehr wohl weiß, dass eine Hungersnot in mehreren Teilen der entfernten Regionen des Himalayas droht, verkauft sie auf dem Markt Tausende von Tonnen Reis, die vor einem Jahr von China für die Katastrophenopfer gespendet wurden.

Die EU hat erst Mitte Juli 2016 die erste Hälfte der versprochenen 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau von Schulen und Straßen an die Regierung gegeben. Allerdings betonte der EU-Botschafter, dass die Europäische Union sorgfältig kontrollieren würde, wie das Geld benutzt wird und ob die Gebäude wirklich nach den Erdbeben Sicherheitsrichtlinien gebaut werden. Erst dann würde die weitere Summe von 50 Millionen Euro folgen. Auch die Weltbank hat sich verpflichtet, Nepal 2000 Euro pro Erdbebenopferfamilie bereitzustellen, die in 3 Phasen verteilt werden sollten, aber das Geld kommt bis jetzt bei den Menschen nicht an, und diese Summe ist ohnehin bei weitem nicht genug, um ein einfaches, aber erdbebensicheres Haus zu bauen.

Wir freuen uns sehr darüber, unser Versprechen gehalten zu haben: in dem Dorf Mudhku sind die 20 erdbebensicheren Häuser fertig geworden, und Frau Karin König aus Oldenburg, die allein 10 von den Häusern finanzierte, kam aus Deutschland mit Sohn und Enkelin, um die neuen Behausungen einzuweihen. Daraus wurde ein großes spontanes Fest, das uns allen in Erinnerung bleiben wird (S. Photos). Die 60 restlichen Familien des Dorfes, die immer noch unter unseren provisorischen Tarpaulin Unterkünften wohnen, zeigten keinen Neid, nahmen aber an den Feierlichkeiten nicht teil…

Nachdem wir das Geld, das bei uns gleich nach der Katastrophe eingegangen ist, für den Bau von provisorischen Unterkünften für die 80 Familien in Not und die Schule ausgegeben hatten, blieb leider nur genug, um 20 Erdbeben resistente Häuser zu bauen. Da Mudhku ein weit zerstreutes Dorf ist, wurde aus Kostengründen von den Dörflern und den Architekten zusammen beschlossen, die Häuser an der am meisten besiedelten Stelle zu bauen. Auch die finanzielle Situation der kinderreichen Familien wurde berücksichtigt. Am Ende hat jedes Haus 7000€ gekostet, und die ganzen Bauten werden noch von einem unabhängigen Architekt abgenommen, bevor die Endsumme gegeben wird.

Es ist nicht einfach gewesen, dieses Bauprojekt erfolgreich durchzuführen. Muna und Sushma leiteten den Druck aus Deutschland sechs Monate lang an die Ingenieure mutig weiter. Wir alle mussten zwar unser ganzes Durchsetzungsvermögen und viel Energie für den Bau dieser Häuser einsetzen, aber es hat sich gelohnt.

Trotz der Regenzeit fehlt es den ca. drei Millionen Einwohnern Kathmandus an Strom und Wasser. Wir liefern nach wie vor Trinkwasser dreimal in der Woche mit LKWs in die Slums von Banshigat und Thapathali. Dort läuft unsere Arbeit weiter: Unseren an Vitaminen und Mineralien angereicherten Milchbrei bekommen täglich über 300 Kinder. Der Kindergarten ist weiterhin eine große Hilfe für die Mütter, die tagsüber auf Baustellen oder als Haushaltshilfen arbeiten, um ihre Familie ernähren zu können. Muna sorgt auch jeden Tag für Hygiene und Gesundheit, indem sie je einen halben Tag in beiden Siedlungen arbeitet.

Die Maute Nomaden sind wieder in Kathmandu aufgetaucht. Muna und Sushma besuchen sie dreimal wöchentlich, in der Hoffnung eine Verbesserung ihrer Lebensweise zu bewirken. Kinder werden in dieser ethnischen Gruppe am laufenden Band geboren, und den unterernährten Müttern fehlt es an der nötigen Milch, um sie am Leben zu erhalten. Deshalb verteilen wir jetzt Milchpulver, aber auch desinfizierende Seife, Zahnpasta und Zahnbürsten…

Die Ausgabe dieser lebensnotwendigen Mittel wird immer zu einer für uns schwierig durchzustehenden Schlacht! Das Benehmen dieser Nomaden uns gegenüber verbessert sich über die Jahre überhaupt nicht. Sie stürzen sich auf uns wie Wilde, um manchmal auch mit Gewalt sicher zu sein, an die verteilten Hilfsgüter zu kommen. Bei ihnen erreichen wir durch unseren Einsatz höchstens, dass das eine oder andere Kind am Leben bleibt, aber diese Arbeit ist bei weitem nicht so befriedigend wie unsere Tätigkeit in den Slums von Thapathali und Banshigat.

Wir danken Ihnen allen sehr herzlich, die Kinderhilfe Nepal unterstützen, und geben Ihnen ein besonders großes Dankeschön von den 20 Familien aus Mudhku weiter, die zum ersten Mal in ihrem Leben unter würdevollen Bedingungen leben. Bisher erledigten sie ihre Bedürfnisse auf den Feldern, jetzt besitzen Sie eine Toilette und die Möglichkeit zu duschen: für die meisten Nepalesen - ein richtiger Luxus!

Ganz herzliche Grüße

Elisabeth Montet