Liebe Freunde,
als die Maoisten noch an der Macht waren, war es ihnen gelungen, korrupte
Politiker der anderen Parteien unter die Lupe zu nehmen und viele von
ihnen wegen Betrug ins Gefängnis zu schicken. Bei den letzten Wahlen
hat aber die konservative Kongresspartei gesiegt, und ihre Beamten freuen
sich jetzt natürlich ganz besonders darauf, das Vermögen der
Maoisten zu durchleuchten! Die neuen Machthaber beenden die Bauarbeiten,
die von ihren Vorgängern in der Hauptstadt angefangen wurden: Katmandus
Straßen werden zwar drastisch erweitert, aber breitere Straßen
bedeuten in diesem Fall nur mehr Autos, mehr Luftverschmutzung und stundenlanges
Warten in Staus, die das tägliche Leben erschweren.
Über eine Million Nepalesen arbeiten unter unwürdigen Bedingungen
in den Emiraten oder in Malaysia und schicken das Gesparte nach Hause.
So entsteht jetzt eine Art Mittelklasse, die langsam anfängt, sich
manches zu leisten, während die Armen noch ärmer sind als
je zuvor. Die Preise sind so gestiegen, dass unser Projekt immer mehr
Geld braucht, um sich um die Bedürftigen zu kümmern. 30% der
Kinder leiden schon bei der Geburt an Untergewicht und, während
die meisten Nepalesen 80% ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben,
mangelt es einem Drittel von ihnen an den täglich notwendigen Kalorien.
Die Hauptspeise dieser Menschen besteht morgens und abends aus Reis
mit einer wässrigen Linsensuppe. Das UN-Ernährungsprogramm
importiert zwar Tonnen von Reis in Nepal, entmutigt aber dadurch die
Entwicklung der lokalen Landwirtschaft.
Etwa 38.600 NGOs arbeiten im kleinen Himalajastaat und bringen Millionen
von Dollar ins Land, berichtet die Presse in Katmandu. Wenn man berücksichtigt,
dass Nepal 26,5 Millionen Einwohner zählt, dann heißt es,
meinen die Journalisten, dass es eine NGO für 530 Nepalesen gibt!
Wo bleibt dann das ganze Geld?! Kinderhilfe Nepal, so klein unser Verein
auch sein mag, kümmert sich um 300 Kinder und ihre Familien, und
das ganze gespendete Geld wird für die Hilfe in den Slums verwendet.
Diese Arbeit macht langsam sichere Fortschritte. Die Maute Nomaden sind
für drei Monate nach Indien gezogen und werden vor der Monsunzeit
im Mai in Katmandu erwartet. In den Slums, in denen wir tätig sind,
bleiben die Kinder durch unseren nährstoffreichen Milchbrei gesund.
Muna sorgt nach wie vor für medizinische Hilfel und bemüht
sich, Erwachsene und Kinder zu einer besseren Hygiene zu erziehen. Der
Mangel an Wasser ist zur dieser Jahreszeit alarmierend, und Frauen müssen
oft stundenlang Schlange stehen, um einen Kanister Wasser aufzutreiben.
Auch Strom gibt es meistens nur nachts, wenn ihn keiner braucht. Größere
Firmen haben zwar Generatoren, aber die vielen kleinen Handwerker werden
am Arbeiten gehindert, und ihr Einkommen reicht nicht, um die Familie
richtig zu ernähren. Wir liefern regelmäßig Trinkwasser
per LKWs an beide Slumgebiete und bezahlen für die medizinische
Versorgung der Kinder.
Wegen der dramatischen Preiserhöhung der Gesundheitskosten können
wir für die Operationen der Mütter nichtmehr aufkommen und
müssen die Priorität unserer Arbeit auf die Kinder setzen.
Es ist schwer und sehr bedrückend, Menschen ihrem Hoffnungslosen
Schicksal überlassen zu müssen. In Katmandu florieren eine
Unzahl von kleinen schmutzigen Kliniken, die kein Mitleid für die
Ärmsten zeigen und für unglaubliche Summen und viel Lieblosigkeit
Behandlungen und chirurgische Eingriffe anbieten. Im Rest des Landes,
ganz besonders im Himalajagebirge, fehlt es an jeglicher medizinischen
Infrastruktur. Viele Menschen sterben, weil Ärzte und Krankenschwester
sich weigern, in entlegenen Dörfern zu arbeiten. Häufig müssen
Kranke mehrere Tage lang getragen werden, bis ihre Angehörigen
eine Straße finden, auf der sie per Bus die Hauptstadt erreichen
können. Oft kommen sie zu spät. Solche Familien, die für
die Hoffnung auf Genesung ihrer Lieben Hütte und Felder im Dorf
verkauft haben, landen dann in einem der Slums von Katmandu.
Im Slum von Banshigat zeigt sich am besten der Erfolg unserer Arbeit.
Sushma alphabetisiert die Nomadenkinder, deren Eltern beschlossen haben,
sesshaft zu werden, damit ihre Kinder unsere Schule besuchen können.
Erst danach sind sie in der Lage, in die staatliche Schule zu gehen.
Sushma organisiert regelmäßige Elternversammlungen, um die
Eltern um ihre Mitarbeit zu bitten und um sie zu überzeugen, wie
wichtig es für ihre Kinder ist, eine Schulausbildung zu bekommen
Kinderhilfe Nepal zahlt z. Zt. die Schulgebühren für 90 Kinder
aus den Slums. Manche Eltern schaffen es, das Geld dafür aufzubringen,
andere nicht, weil sie nur vom Recycling der Abfälle der Hauptstadt
leben. Sie erfüllen damit eine für die Gesellschaft höchst
wertvolle Aufgabe, werden aber deshalb nur verachtet und verdienen fast
nichts.
Bei jedem Besuch in Katmandu verbessern wir unsere Projektarbeit so
gut wir können. Auch unsere "Mädchen" Muna, Sushma
und Sija, die sich das ganze Jahr um die Kinder aus den Slums kümmern,
müssen jedes Mal motiviert werden und sind erst dann in der Lage,
bis zum nächsten Besuch ihre Arbeit mit großem Eifer zu leistet
Im letzten März haben wir uns gefreut, eine Gruppe von Spendern
Willkommen zu Heiken und wir hoffen noch mehr von Ihnen allen bald in
Katmandu begrüßen zu dürfen.
Alles Gute bis zum nächsten Brief im August-September.
Ganz herzliche Grüße
Elisabeth Montet
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