Als Objekte die einmal den Schutz der heiligen buddhistischen Texte dienten, gelten Buchdeckel als Teil des Dharma [ buddhistische Lehre], als Teil des Triratna [die drei Juwelen - Buddha, Dharma und Sangha]. Als solche wurden sie Buddha gleich verehrt. Sie wurden speziell von Klöstern oder wohlhabenden Familien in Auftrag gegeben, um die heiligen Schriften des buddhistischen Kanons zu schützen. Hartholz war in Zentraltibet ein schwer erhältliches Material, dennoch wurde kein Aufwand bei ihrer Herstellung gespart. Oft aufwendig geschnitzt, prächtig bemalt und vergoldet, sind sie ein Beispiel für die beste frühe tibetische Handwerks- und Sakral Kunst.
Die primäre Quelle der Inspiration für frühe tibetische Buchdeckel lag in Ost-Indien. Die frühen tibetischen und alten indischen Handschriften unterschieden sich in ihren Abmessungen kaum. Blätter der heiligen Schriften wurden übereinander gestapelt und die hölzernen Deckel schützten sie auf beiden Seiten. Die Birken, Rinden- oder Palm-Blattseiten der indischen Handschriften beschränkten die Größe der Manuskripte. Als aber die Tibeter Papier aus China importierten, um ihre Seiten herzustellen, entfielen diese Größenbeschränkungen. Mit einem Gurt wurden die Buchdeckel über den Buchseiten festgebunden. Häufig wurden die Manuskripte zusätzlich in Tücher gewickelt, um sie vor Rauch und anderen schädlichen Einflüssen zu schützen.
Die Pflege und die Geschicklichkeit, mit der diese Buchdeckel geschaffen und dekoriert wurden, zeigen ihren hohen Wert und die Bedeutung der buddhistischen Heiligen Schriften.
Vor der chinesischen Invasion Tibets 1951 gab es zwischen 3.000 und 5.000 Klöster im Land, die den kompletten buddhistischen Kanon in ihren Bibliotheken besaßen. Während der Kulturrevolution wurden unzählige pekte der traditionellen buddhistischen Kultur zerstört. Dazu gehörten auch die tibetischen Handschriften, denn sie galten als Symbol des alten Tibets. Einige wenige Exemplare entgingen jedoch der Zerstörung. Sie wurden Tibetern auf ihrer Flucht nach Indien und Nepal mitgenommen.
Das seltene Material Hartholz der Deckel war im alten Tibet sehr wertvoll. So wurden im Land gebliebene Deckel oft auch neu verwendet [z.B. als Waschbretter, Hacken, Tafeln und Gebäck Formen]. Viele der frühen Buchdeckel, die heute noch vorhanden sind überlebten ohne ihre Schriften und sind jetzt frei von ihrer ursprünglichen Funktion. Diese markanten geschnitzten Werke dienen als Erinnerungen an die Ehrfurcht vor den heiligen Texten der tibetischen Kultur, aber auch als Symbole des Konflikts, w in Tibet zwischen Überleben und Verlust nur allzu gut bekannt ist.
Quelle: Tenzing Rigdo, 12th - 15th Century Tibetan Manuscript Covers, Rossi & Rossi, London